Hades - Gott der Unterwelt
Hades zählt wohl zu dem am meisten missverstandenen griechischen Gott der Antike. Als Gott der Unterwelt bekommt er vor allem in den heutigen popkulturellen Werken ein negatives Image zugeschrieben. Als Herrscher über die Toten ist das auch wenig verwunderlich. Allerdings gleicht der Hades, wie nach ihm die Unterwelt auch benannt ist, nicht unserer Hölle. Hades ist damit auch nicht unserem Teufel gleichzusetzen und war weder böse noch ungerecht. Er ist auch nicht der Totengott, das ist Thanatos. Dennoch ist Hades ein Gott dem man nicht gerne beim Namen nennt. Aus Furcht er könnte erwachen, verwendet man stattdessen Umschreibungen, wie beispielsweise “Der Herr des Hauses”, “Der Wohlbekannte” oder “Der Zeus der Unterwelt”1. Hades wurde dementsprechend auch kaum verehrt. Schließlich war er für die Toten zuständig, warum sollte man ihm deshalb als Lebendiger huldigen?
Wie Hades der Herrscher der Unterwelt wurde
Von den bekannten Göttern war Hades das erste Kind der beiden Titanen Kronos und Rhea (siehe auch: Wie entstanden die Götter?). Da Kronos weißgesagt wurde, dass ihn einer seiner Kinder entthronen wird, wurde Hades, wie auch danach seine Geschwister, direkt von Kronos nach der Geburt verspeist. Lediglich Zeus konnte Rhea noch in Sicherheit bringen, sodass dieser später seine Geschwister befreien konnte. Es folgte der Kampf gegen die Titanen (Titanomachie), die die neuen Götter durch die Unterstützung der Hekatoncheiren und der Kyklopen für sich entscheiden konnten. Von letzteren erhielten die Götter auch Waffen, so Zeus seinen Blitz, Poseidon den Dreizack und Hades den Hadeshelm. Der Hadeshelm hatte die Eigenschaft, dass er den Träger unsichtbar machen kann. Deshalb wird er auch Helm der Unsichtbarkeit genannt.
Nachdem die Titanen bezwungen waren, teilten die drei Götter die Welt unter sich auf. Zeus erhielt den Himmel, Poseidon das Meer und Hades die Unterwelt. Angeblich entschieden Lose, welcher Gott welchen Teil der Erde bekam. Hades wollte damit nie die Herrschaft über die Unterwelt und herrscht darüber auch nur Widerwillen.
Als Herrscher der Unterwelt ist Hades alles andere als beliebt. Kein Wunder, gibt es doch aus seinem Reich keinen Weg zurück. Darüber wacht Hades strikt, weder Bitten noch Betteln hilft bei ihm. Dennoch gelang es natürlich trotzdem dem ein oder anderen, was Grundlage für viele Sagen war. Einer davon war beispielsweise Orpheus, dem es durch die Macht seines Gesanges gelang, seine geliebte Eurydike dem Hades zu entreißen. Hier zeigte Hades auch sein Mitgefühl und sein Willen durchaus auch Gutes zu tun.
Die Unterwelt soll mehrere Zugänge haben. Laut den meisten Erzählern sollen diese sich in tiefen Höhlen oder Seen befinden. In der tiefsten Region des Hades findet man mit dem Tartaros den Teil, der unserer heutigen Hölle am meisten entspricht. Im Tartaros sollen die moralisch verwerflichsten Toten ihre Strafe erleiden. Nach Hesiod entstand der Tartators als einer der ersten Götter aus dem Chaos. Er ist der Strafort der Unterwelt, der angeblich so tief liegen würde, dass ein Amboss, der von der Erde zum Tartaros herabfällt, ganze neun Tage brauchen würde. Genauso lange, wie er vom Himmel zur Erde benötigen würde. Zu ewigen Qualen im Tartaros verurteilt waren beispielsweise die Titanen, nachdem sie von Zeus und seinen Geschwistern besiegt wurden. Dass der Hades, nur wegen dem Tartaros aber nicht mit unserer Hölle gleichgesetzt werden darf, ist auf den Elysion zurückzuführen. Denn auch hier können die Seelen der Toten landen und der Elysion ist eher mit unserem Himmel vergleichbar. Im Elysion herrscht ewige Glückseligkeit, ist aber damit auch nur wenigen der Toten vorherbestimmt. Die meisten Seelen im Hades landen in elysischen Gefilde, wo sie sich als Schatten schmerzlos, aber auch freudlos auf der Asphodeloswiese aufhalten.
Der Gott Hades verlässt nur sehr selten sein Reich. Falls doch, ist er mit seiner von schwarzen Rossen gezogene Quadriga unterwegs. Die Pferde hören dabei auf die Namen Aethon, Alastor (auch Abaster genannt), Nykteus und Orphnaios. Weil Hades in der Unterwelt lebt, zählt er strenggenommen auch nicht zu den olympischen Göttern. Dennoch hat er eine ebenso große Bedeutung, wie die anderen Götter des Olymp. So hat er auch den Beinamen "Unterirdische Zeus" (Zeus katachthonios).2
Hades Frau Persephone
Zwar hatte Hades nach den Erzählungen auch die ein oder andere Geliebte. Eine Frau für die Ewigkeit ins Totenreich zu bewegen gestaltete sich aber als schwierig. Mit dem Raub der Persephone gelang es ihm dann aber doch, wenn auch nicht durch Freiwilligkeit der Braut. Tatsächlich bittet er aber erst seinen mächtigen Bruder Zeus um die Hand von Persephone. Dieser will sich aber ungern entscheiden, schließlich will er nicht Hades kränken, gleichzeitig aber auch nicht das Schicksal der Persephone dadurch besiegeln. So windet er sich heraus: “Ich kann dem weder zustimmen noch es dir verwehren”. Diese Antwort, die eigentlich keine Antwort ist, interpretiert Hades als Zustimmung. So bemächtigte er durch Brautraub die auch Kore genannten Persephone. Bei Homer liest sich das folgendermaßen:
Fern von Demeter, der Herrin der Ernte, die mit goldener Sichel schneidet, spielte sie und pflückte Blumen mit den Töchtern des Okeanos, Rosen, Krokus und schöne Veilchen, Iris, Hyazinthen und Narzissen. Die Erde brachte die Narzisse hervor als wundervolle Falle für das schöne Mädchen nach Zeus' Plan, um Hades, der alle empfängt, zu gefallen. Sie war für alle, unsterbliche Götter und sterbliche Menschen, ein wundervoller Anblick, aus ihren Wurzeln wuchsen einhundert Köpfchen, die einen so süßen Duft verströmten, dass der ganze weite Himmel droben und die ganze Erde lachten und die salzige Flut des Meeres. Das Mädchen war bezaubert und streckte beide Hände aus, die Pracht zu greifen. Doch als sie es tat, öffnete sich die Erde und der Herrscher Hades, dem wir alle begegnen werden, brach hervor mit seinen unsterblichen Pferden auf der Ebene von Nysa. Der Herr Hades, Sohn des Kronos, der mit vielen Namen genannte. Um Erbarmen flehend, wurde sie in den goldenen Wagen gezerrt.
Ihr Mutter, die Göttin Demeter, wollte ihr Kind unbedingt wieder zurück. Nachdem sie herausgefunden hatte, dass Hades ihre Tochter entführt hat, forderte sie ihre Freilassung von Zeus und den anderen olympischen Göttern. Zeus lehnte aber erst einmal ab. In ihrer Verzweiflung befahl sie den Pflanzen nicht mehr zu sprießen, und schon bald bestand die Gefahr, dass die Menschen verhungern würden. Zeus musste also handeln und sendete den Hermes zu Hades, mit der Bitte, Kore wieder freizulassen. Hades willigte ein, zwang aber Kore vor dem Verlassen der Unterwelt noch Granatapfelkerne zu essen. Da niemand, der von der Speise der Toten gekostet hat, auf Dauer in der Oberwelt bleiben kann, führte dies nach sich, dass Kore jedes Jahr vier Monate in der Unterwelt verbringen muss. Die restlichen acht Monate kann sie hingegen an der Oberfläche bei ihrer Mutter Demeter verbringen. Diesen Kompromiss soll Rhea mit Demeter und Hades geschlossen haben. Demeter fand sich damit ab und stellte wieder die Fruchtbarkeit her. Allerdings nur in den acht Monaten, in denen ihr Kind bei ihr ist. Die vier Monate in der Unterwelt bei Hades bleibt hingegen die unfruchtbare Zeit und die Welt gefriert.
Auch wenn Hades und Persephone eher unfreiwillig ein Paar geworden sind, ist die Beziehung dennoch widererwarten eine gute Beziehung und sie sind ein glückliches Paar. Persephone nimmt ihre Rolle als Herrscherin der Unterwelt und Gattin sehr ernst. Im Gegensatz zu Hades ist sie sowohl über als auch unter der Erde beheimatet.
Warum wir Hades die Minze verdanken
Laut einer Legende verdanken wir die Minze dem Gott Hades. Natürlich steckt dahinter aber auch eine tragische Geschichte. Neben Hades spielt darin die Nymphe (konkret Najade) Minthe, die Tochter des Kokytos, eine Rolle. Hades, der sonst die Unterwelt nur selten verlässt, war auf Beutezug. Es gelüstete ihn nach einer Frau. Diese Frau war Minthe, in die er sich verliebte. Diese Liebe erregte allerdings den Zorn von Persephone, Hades' Ehefrau, die aus Eifersucht Minthe in die uns heute bekannte Pflanze verwandelte.
Diese Geschichte symbolisiert Transformation und die unzerstörbare Natur des Lebens. Die Verwandlung von Minthe in die Minze zeigt, wie aus einem tragischen Ende neues Leben entstehen kann. Es ist auch ein Beispiel für die Macht der Götter, die Natur und das menschliche Schicksal zu beeinflussen. Die Minze selbst, mit ihrem starken und erfrischenden Duft, wird oft als Symbol der Gastfreundschaft und Erneuerung betrachtet.
Minthe ist dabei nicht die einzige, die ihr Leben wegen der Liebe des Hades lassen musste. Nicht viel anders erging es der Nymphe Leuke, in die sich ebenfalls Hades verliebte. Er entführte sie in die Unterwelt und als sie dort eines natürlichen Todes starb verwandelte sie der Gott in eine Silber-Pappel. In einer anderen, etwas drastischeren, Erzählung verwandelte seine Gemahlin Persephone das Mädchen in eine Silber-Pappel, kurz bevor Hades sie vergewaltigen konnte.
Hades Kinder
Auch Hades soll als Gott umtriebig gewesen sein. Dennoch ist über seine Kinder wenig bekannt. So wird bei Ovid als eine Tochter die Veneratio (Reverentia) genannt, die Mutter findet aber keine Erwähnung. Darüber hinaus wird im umfangreichsten erhaltene byzantinische Lexikon, der Suda, Makaria als eine weitere Tochter genannt.3 Hier soll Persephone die Mutter sein. Ebenfalls ein Kind des Hades und der Persephone soll je nach Erzählung der Gott des Weins Dionysos sein.4
Im Videospiel „Hades“ hat der Gott der Unterwelt einen Sohn namens „Zagreus“. Dies ist wiederum eine Anlehnung an den mythologischen „Zagreus“, der eigentlich als Sohn des Zeus und der Persephone von Titanen zerteilt und später als Dionysos wiedergeboren wurde.
Hades in der heutigen Popkultur
Wie anfangs schon beschrieben, erlebt der Gott Hades in der heutigen Popkultur ein komplett differenziertes Ansehen als das damals zu Zeiten der Griechen war. So wird Hades in literarischen Werken und Filmen häufig als großer, dunkler Antagonist zu dem strahlenden Hauptcharakter in Szene gesetzt. Das liegt häufig schon an seiner Wirkungsstätte – das Reich der Toten dient als starker Kontrast zu den sonstigen Welten. Auch die räumliche Distanz zwischen Hades Reich und dem Olymp, wo die anderen Götter sitzen, dient häufig als Aufhänger für den Zwist zwischen Hades und seinen Brüdern (insbesondere Zeus) und Schwestern.
In dem aus dem Jahr 1997 bekannten Zeichentrickfilm der Walt Disney Studios: „Hercules“, kämpft beispielsweise jener Herkules gegen Hades, da Hades durch die Moiren prophezeit wurde, dass der Sohn des Zeus ihn bei seinen Umsturzplänen hindern könnte. Dargestellt wird Hades dabei mit länglichen und kantigen Gesichtszügen, tiefen dunklen Augen und kleine Pupillen, eine große Hakennase und spitzen Zähnen - fast schon wie ein Vampir. Sein Kopf ist bedeckt durch bläuliche flammende Haare.
Auch in der DC Comics TV-Serie Smallville wird Hades als rachsüchtiger Gott charakterisiert, der es Zeus und den anderen Göttern heimzahlen möchte, nachdem er von dem Göttervater im Tartaros eingesperrt wurde.
Doch nicht immer wird Hades direkt thematisiert, oft dient auch nur sein Image und die Unterwelt als stimmungsvolles Ambiente. So spielt man im gleichnamigen Videospiel „Hades“ seinen Sohn Zagreus. Dieser versucht dem Reich seines Vaters in der Unterwelt zu entkommen. Dafür muss er sich, auch mit der Unterstützung der anderen Götter, gegen allerlei schreckliche Gestalten zur Wehr setzen.
Quellen und Verweise
- 1 Dokumentation: Die großen Mythen, “Obolus fürs Totenreich: Hades”
- 2 Homer, Ilias Neunter Gesang, 457
- 3 Suda, Stichwort Μακαρία, Adler-Nummer: mu 51, Suda-Online.
- 4 Diodori Siculi Bibliotheca historica 4. 13. 2
- Matthias Vogt, Griechische Mythologie
- David Bellingham, Die Griechen - Kultur und Mythen