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Heraklit

Alles fließt. Oder nicht? Bereits in der Antike galt Heraklit als "Der Dunkle". Diesen Ruf haben ihm seine knappen und dabei vieldeutigen Sprüche (Gnomen) eingebracht, in denen er seine philosophischen Gedanken poetisch zum Ausdruck brachte. So berichtet Diogenes Laertios in seiner Zusammenstellung über Lehren und Leben der Philosophen aus dem 3. Jahrhundert nach Christus, Sokrates habe sich zu Heraklit folgendermaßen geäußert: „Was ich verstanden habe, ist ausgezeichnet – ich glaube auch das, was ich nicht verstanden habe, jedoch bedürfte es dazu eines delischen Tauchers“.

Heraklits Werk

Mit dem delischen Taucher spielt Sokrates bei Laertios nicht nur auf die Tiefe der Gedanken an, sondern auch auf das Orakel in Delphi. Dieses gab im Rausch Auskünfte, die so unverständlich waren, dass sie von Priestern interpretiert werden mussten. Dem Verständnis der Inhalte von Heraklits Werk half es auch nicht, dass dieses nur in Fragmenten überliefert ist, von denen einige sicher nicht von ihm, andere nicht korrekt wiedergegeben sind. Wie das Werk aussah, lässt sich nicht sagen. Gesichert ist, dass er ein Werk verfasste, das später unter dem Titel "Über die Natur" bekannt wurde, und dieses im Artemistempel seiner Heimatstadt Ephesos hinterlegte. Nach Laertios sei es halbfertig, in unterschiedlichen Stilen verfasst und in drei Abschnitte gegliedert gewesen: Kosmologie, Politik und Theologie. Alles von einer losen Spruchsammlung bis hin zu einem durchkomponierten Werk mit einheitlichem philosophischen Konzept ist denkbar.

Heraklit (engl. Heraclitus) Kupferstich von J. W. Cook (1825)
Heraklit (engl. Heraclitus) Kupferstich von J. W. Cook (1825)

Leben

Als Sohn einer aristokratischen Familie hätte Heraklit einer der Ersten der Gesellschaft sein müssen. Tatsächlich stand ihm sogar die nominelle Königswürde zu, die er zugunsten seines Bruders ablehnte. Geboren 520 v. Chr., haben ihn womöglich die Veränderungen seiner Zeit an der Menschheit verzweifeln lassen. Demokratie bzw. Tyrannis, die Herrschaft des Volkes oder eines allein herrschenden Vertreters, hatten die Aristokratie abgelöst. Statt der Herrschaft der Fähigsten wie etwa seines Freundes Hermodoros sah Heraklit die Herrschaft der Vielen: „Recht täten die Ephesier, wenn sie sich alle Mann für Mann aufhängten und den Unmündigen ihre Stadt hinterließen, sie, die Hermodoros, ihren wackersten Mann, aus der Stadt gejagt haben mit den Worten: „Von uns soll keiner der Wackerste sein oder, wenn schon, dann anderswo und bei andern.“ Homer wollte er von den Dichterwettstreiten verbannt und verprügelt sehen. Auch sonst hatte er für die Errungenschaften früherer Denker wenig übrig: "Vielwisserei lehrt nicht Verstand haben. Sonst hätte Hesiod es gelehrt und Pythagoras, ferner auch Xenophanes und Hekataios". So zog er sich schließlich laut Laertios in die Wälder zurück, wo er aufgrund seiner spärlichen Nahrung an Wassersucht erkrankte. Da er Vorbehalte gegenüber Ärzte hegte, kam ein Besuch bei einem Arzt für ihn nicht in Frage. So starb er beim Versuch, sich selbst in einem Misthaufen auszutrocknen.

Heraklit gemalt von Johannes Paulus Moreelse (Niederländer, ca. 1603 - 1634)
Heraklit gemalt von Johannes Paulus Moreelse (Niederländer, ca. 1603 - 1634)

Heraklit und die Philosophie

Die Unterscheidung zwischen den unwissenden Vielen und dem Weisen, der die wahre Natur der Dinge erkennt, bildet eines der Grundthemen von Heraklits Werk. Wie bei allen Vorsokratikern, also den Philosophen vor Sokrates, nimmt sein Denken seinen Ausgangspunkt von der Beobachtung der Natur und der Frage nach der Ordnung der Welt. Die mythische Erklärung vom Wirken der Götter als Ursache für die Vorgänge der Natur lehnten diese ersten Philosophen ab. Stattdessen führte die Frage nach dem Ursprung alles dessen, was die Sinne wahrnehmen, auf die Annahme von Urelementen oder Prinzipien, in denen alles seinen Anfang nimmt. Als Monisten (altgriechisch monos = einzig) führten sie alles in der Welt auf eine einzige Ursache zurück. Doch wie erklärt sich dann unsere Wahrnehmung verschiedener Elemente und Vorgänge?

Heraklits Denken

Heraklits Denken nimmt seinen Ausgang vom Urelement Feuer, aus dem der Kosmos hervorgeht.

Feuer

Das ewige Feuer unterliegt dabei einem Wandel. Es schlägt um in Wasser, das das Feuer löscht und in Erde und Glutwind umschlägt, aus denen unsere Welt und die Himmelskörper hervorgehen. In umgekehrter Richtung wird das Feuer neu entfacht. Es entsteht ein Zyklus, ein ewiger Wandel oder anders formuliert: Ein Wandel, der Ewigkeit konstituiert.

Werden und Vergehen

„Wer in dieselben Flüsse hinabsteigt, dem strömt stets anderes Wasser zu.“ In diesem der Natur entnommenen Beispiel sind Sein und Werden aufs engste miteinander verknüpft. Erst durch die Konstanz des Hinzu- und Abfließens wird der Fluss zu dem, was er ist. Das Werden und Vergehen, der Wandel, ist zugleich das, was das Unveränderliche, das Sein konstituiert.

Gegensatz und Einheit

Solche Gegensätze regieren Heraklits Welt. Alles steht im Widerstreit (Eris), in der physischen Welt wie im sozialen Gefüge. „Der Krieg (Streit) ist der Vater aller (Dinge)“. Gleichzeitig ist für den, der den Zeichen (Semata) folgt, die Fügung der Dinge zu einem Ausgleich (Harmonie), zu einer Einheit zu erkennen: „Sie verstehen nicht, wie das Auseinandergehende mit sich selbst zusammengeht: gegenspännige Zusammenfügung wie von Bogen und Leier.“

Logos

Dieses Prinzip, nach dem die Welt geordnet ist und auch die Denkform, mit der der Mensch dieses aufspürt und schließlich aufdeckt, nennt Heraklit Logos: „Für diesen Logos aber, obgleich er ewig ist, gewinnen die Menschen kein Verständnis, weder ehe sie ihn vernommen noch sobald sie ihn vernommen. Alles geschieht nach diesem Logos, und doch gebärden sie sich wie Unerprobte, so oft sie es probieren mit solchen Worten und Werken, wie ich sie künde, ein jegliches nach seiner Natur zerlegend und deutend, wie sich’s damit verhält.“

Erkenntnis

Damit ist Erkenntnis etwas anderes als die reine Sinneserfahrung, bei der die meisten Menschen stehen bleiben. Eine Erkenntnis des Logos wird dem Menschen bereits in sich selbst möglich. Doch: „Der Seele Grenzen kannst du nicht ausfinden, und ob du jegliche Straße abschrittest; so tiefen Grund hat sie." Die Seele scheint für Heraklit sterblich zu sein, insofern sie dem Werden und Vergehen unterworfen ist, während er sie zumindest dort, wo sie sich dem Logos zuwendet, möglicherweise für unsterblich hielt.

Das Spannungsverhältnis zwischen Sein und Wandel so wie die "dunkle" Ausdrucksweise Heraklits setzen ihn einerseits ab von Vorgängern und Zeitgenossen wie Thales, Anaximenes, Anaximander und Parmenides. Zum anderen erlaubte es späteren Philosophen, ihn als Vorläufer zu vereinnahmen. So verkürzt Platon Wandel und Sein in den Flußfragmenten auf "Alles fließt" (Panta Rhei) und legt damit für Jahrhunderte einen Schwerpunkt auf Heraklits Theorie vom Wandel ohne das Sein.

Quellen und weitere Informationen



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